Wir wissen wenig über die Lebewesen Unterwasser. Das irische Projekt SeaMonitor möchte das ändern – indem es einfach ihnen zuhört. Projektleiter Ross McGill berichtet von seiner Arbeit.
Foto: Ein Buckelwal wirft sich aus dem Wasser. Credits: Joanne O’Brien
Ross McGill im Gespräch (Englisch)
Das gesamte Interview übersetzt und zum Nachlesen
Hi zusammen, danke, dass ihr heute da seid. Ich bin Sophia von science-guide.eu. Wir sind in Irland. Naja, vielleicht nicht wir alle, aber unser Podcast-Gast Ross McGill ist es. Heute spricht er mit uns über sein neustes Projekt SeaMonitor – ein einzigartiges Meeresforschungsprojekt, das die See rund um Irland, Nordirland und Westschottland untersucht.
Danke, Ross, dass du heute hier bist.
Ross McGill: Danke, dass ich da sein darf!
Science Guide: Wie wäre es, wenn du dich einfach kurz in wenigen Sätzen vorstellst: Wer bist du und was machst du?
Ross: Mein Name ist Ross McGill und ich arbeite für eine Organisation namens Loughs Agency. Das ist eine überregionale Organisation, die die Gewässer der irischen Insel überschaut, hilft, sie zu beschützen und sie erforscht – in den Grenzregionen zwischen Nordirland und Irland. Ich bin ein Projektmanager bei der Loughs Agency.
Das Projekt, das ich leite, heißt SeaMonitor – wie du bereits erwähnt hast. Die Loughs Agency ist dabei der Hauptpartner in dieser EU-finanzierten Forschung. Wir haben neun Partner aus Irland, Nordirland, Schottland und Nordamerika. Es ist also sehr kollaborativ und multidisziplinär.
Wir erforschen verschiedene Tierarten in den Gewässern rund um die Inseln – alles mit der Absicht, die Daten für das bessere Verständnis davon zu nutzen, wo und wann und wie diese Tierarten sich in den regionalen Gewässern bewegen. Damit wir diese Daten nutzen können, um sie besser beschützen zu können. Und um bessere Regeln und Management-Pläne für die involvierten Regierungen herauszufinden.
Es handelt sich also um ein ziemlich interessantes Projekt, es ist aufregend. Die Arbeit beinhaltet viele Exkursionen und viel Datensammlung. Wir sind eine unglaubliche Gruppe von Forscher:innen und politischen Entscheidungsträger:innen aus diesem Teil Europas, die involviert sind. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass auch ich involviert bin. Bisher hatte ich eine großartige Zeit.
Das Projekt hat 2019 angefangen und wird bis Ende Dezember 2022 weitergehen. Wir sind also knapp über der Hälfte des Projekts – es sind aufregende Zeiten.
Science Guide: Du sprichst von Daten, die gesammelt werden. Was für Daten sind das?
Ross: In erster Linie geht es um die Bewegung der untersuchten Tierarten. Wir nutzen eine Technologie namens Acoustic Telemetry. Diese hat schon länger existiert, aber in der wissenschaftlichen Meeresforschung beinhaltet ihre Anwendung das Platzieren von Sensoren entweder an oder in bestimmten Tieren mit der Absicht, sie tracken zu können. Sobald sie also zurück in den Ozean gelassen werden, werden sie an Empfängern entlang schwimmen. Diese sehen so ähnlich aus wie große 2-Liter-Cola-Flaschen. Wir positionieren sie auf dem Meeresgrund, und die getaggten Fische schwimmen an ihnen in einer bestimmten Entfernung vorbei – 500 Meter bis einen Kilometer entfernt. Und die übermitteln Signale, indem sie in einer bestimmten Frequenz Telemetrie nutzen. Die Empfänger nehmen diese Informationen und die Position der Tiere auf: die Zeit, die Tiefe und so weiter. Indem wir also viele dieser Erfassungen im Empfangsnetzwerk aufbauen, können wir Karten, Modelle und einen besseren Überblick über die Bewegung der Tiere in der marinen Umgebung bekommen. Damit wir dann Regelungen erstellen können, um die Tiere besser beschützen zu können. Das ist also der Hauptaspekt unserer gesammelten Daten.
Ein weiterer Aspekt dreht sich um die Überwachung von Wal-Arten – also Delfine, Wale, Schweinswale. Hier nutzen wir eine passive Akustik-Technologie. Aufnahmen von Delfinen und Walen werden über eine andere Art der Überwachung aufgezeichnet, weil sie eine viel größere Frequenz-Breite haben als die anderen Tiere.
Science Guide: Welche weiteren Tierarten erforscht ihr?
Die Tierarten, die wir in diesem Projekt erforschen, sind in erster Linie atlantische Lachse, Seehunde – die werden von der Universität Cork erforscht, indem sie GPS-Signale an Seehunden nutzen. Es handelt sich also um junge Seehunde, die an Stränden gefunden werden, weil sie zum Beispiel aus irgendeinem Grund von ihrer Mutter verlassen wurden oder sie haben sich in Fischereinetzen verfangen und verletzt. In Portaferry, Nordirland, gibt es eine Auffangstation namens Exploris. Sie nimmt diese Seehunde auf, rehabilitiert sie, füttert sie und sorgt dafür, dass sie gesund genug sind, um zurück in die Wildnis gelassen zu werden. Aber nie zuvor wurde erforscht, wie sie überleben oder wie es ihnen nach dem Freilassen geht. Bei diesem Projekt wird also ein GPS-Tag auf die Rückseite des Nackens der Seehunde befestigt. Der Tag nutzt das lokale Mobiltelefon-Netzwerk, um Nachrichten darüber zu vermitteln, wo die Seehunde sind. Das ist also auch wirklich interessant.
Die anderen Tiere, die wir erforschen, sind Glattrochen, die zur Art der Haie gehören. Sie leben auf dem Meeresgrund rund um die Inseln von Irland und Schottland. Über diese Kreaturen weiß man sehr wenig. Sie können bis zu zwei oder drei Meter lang werden, und sie sind kritisch gefährdet, weil sie fast zum Aussterben gefischt wurden.
Dann haben wir noch Riesenhaie: sehr mobile Tiere, der zweitgrößte Fisch der Ozeane. In irischen und schottischen Gewässern kommt dieser Fisch in der Zeit zwischen Anfang Frühling und Ende Sommer vor. Sie haben keine Zähne, sind sehr sanftmütig – viele Leute gehen auf sie zu, was nicht wirklich gut ist. Diese Tiere taggen und überwachen wir auch, damit sie beschützt werden können.
Und zu guter Letzt haben wir noch die Wal-Arten, also alles von Delfinen über Wale und Schweinswale, die in unseren Gewässern erscheinen.
Also ziemlich viel, was wir in nur einem Projekt erforschen.
Science Guide: Du hast schon erwähnt, dass viele der Tiere gefährdet sind, dass man sie beschützen muss – aber lass uns noch einmal ins Detail gehen: Wieso ist es so wichtig, diese Meereslebewesen zu erforschen und zu tracken?
Ross: Ich denke, das ist wichtig, weil wir dadurch ein Bild davon bekommen, wie und warum sie sich in der Umgebung bewegen. Wenn es darum geht, diese Tierarten zu beschützen – vor allem die besonders mobilen, die nicht an ein Gewässer gebunden sind, sondern sich rein und raus bewegen wie zum Beispiel der Riesenhai – Es ist wichtig, weil die traditionellen Wege, um maritime Fauna zu beschützen, nicht immer auf alle Tierarten zutreffen. Ich meine damit zum Beispiel geschützte Meeresgebiete. Da sind in der Regel statische Grenzen, die rund um die europäische See und weltweite Ozeane existieren. Und die funktionieren manchmal nicht – insbesondere für Tierarten, die in diesen Gegenden nicht immer vorkommen.
Wenn es also um sehr mobile Tierarten geht, ist es wichtig zu verstehen. Alles, was wir tun, sollte sowieso auf Beweisen, Daten und Wissen basieren. Deshalb ist es wichtig, die Regierungspolitik anhand dessen darüber zu informieren. Damit diese ihre Strategien anpassen können, um sie zu beschützen. Ein geschütztes Meeresgebiet muss also nicht unbedingt das ganze Jahr für bestimmte Tierarten existieren. Wir nutzen sogar die neueste Technologie wie Smartphones. Wir können Apps kreieren, um Fischer und andere Fahrzeuge darüber zu alarmieren, dass die Haie zu dieser bestimmten Zeit in der Gegend präsent sind – aber nicht zu andern Zeiten. Sodass sie ihre Boote langsamer fahren oder es in der Gegend vermeiden, zu angeln, damit es nicht zu Beifang kommt. Es ist jetzt einfacher, sich angepasst zu reflektieren, ob diese Tiere vor Ort sind oder nicht. Sodass die Gegend für andere Zwecke genutzt werden kann, solange sie nicht da sind.
Science Guide: Sind diese Technologien schon in der Entstehung oder ist das noch ein Plan für die Zukunft?
Ross: Sie sind hier, unter uns, aber sie werden noch nicht zu genüge genutzt. Zum Beispiel: Einer unserer Partner – das Ocean Tracking Network in Kanada – nutzt die neueste Technologe, nämlich Underwater Autonomous Vehicles, AUVs. Die sehen aus wie kleine Torpedos oder winzige U-Boote. Sie werden nicht von Menschen gesteuert, sondern sind programmiert. Das sind Roboter. Sie können über mehrere Monate lange Distanzen im Ozean vornehmen. Sie können programmiert werden, um verschiedene Transekte entlangzufahren und um an der Wasseroberfläche aufzutauchen, damit sie die gesammelt Daten zum Satellitennetzwerk übertragen. Sodass man fast zeitgleich sehen kann, was gerade im Ozean passiert. Sie können Walgesänge aufnehmen und die Bewegungen verschiedener Tierarten, indem sie verschiedene Technologien nutzen.
Die Kanadier nutzen diese Geräte, indem sie fast zeitgleich verschiedene gefährdete Wal-Arten tracken und die laut des kanadischen Gesetzes beschützt werden müssen. Das konnte man bisher einfach nicht schaffen, weil es zu teuer gewesen wäre, Bootsflotten und Flugzeuge auszusenden, um Wale zu suchen. Aber diese Technologie erlaubt es den Wissenschaftler:innen, aus dem Büro heraus zu beobachten und die Schiffs- und Fischerei-Industrie darüber zu informieren, dass sie zum Beispiel eine Woche lang diese bestimmte Gegend umfahren sollen, weil sich dort gerade Wale befinden. In den letzten Jahren gab es schreckliche Vorfälle, bei denen Wale getötet wurden, weil es Schiffsverletzungen gab. Aber dank dieser Technologie gibt es eine Echt-Zeit-Information.
Es ist so ähnlich wie die Art, wie wir menschliche Aktivität und Landsäugetiere über Handys tracken. Die Technologie, wenn wir die Tiere tracken oder ihnen im Ozean zuhören, erlaubt uns, das im Ozean zu tun. Dadurch können wir sehen, wie sie sich bewegen, um sie vor dem Tod durch menschliche Hand zu beschützen.
Science Guide: Ähnliche Projekte gibt es vermutlich überall auf der Welt – du hast zum Beispiel gerade von Kanada gesprochen. Euer Projekt spielt sich aber speziell im Meer zwischen Irland, Nordirland und Schottland ab. Wieso ist das ein besonderer Ort für diese Art von Forschung?
Ross: Es handelt sich um eine einzigartige Gegend, weil es dort eine große Ansammlung von Fauna, mobiler Meeresfauna und dort lebenden Tieren gibt. Geografisch ist es eine gute Gegend. Wenn wir uns eine Karte von Europa und die Bewegung von Fischen anschauen: Da gibt es bestimmte Gegenden, die eine hohe Aktivität aufweisen und fast wie Tore funktionieren. Die Straße von Gibraltar ist ein offensichtliches Beispiel: Alles kommt raus und rein aus dem Mittelmeer. Oder auch die Danish Straits oder der Ärmelkanal. In unserem Fall geht es um den Nordkanal und um die Gegend zwischen Irland und England und Schottland, die zum Nordatlantik führt. Das ist so was wie eine Hauptstraße für Meerestiere. Deshalb haben Wissenschaftler:innen und Akademiker:innen diese Gegend als eine von sechs Hauptstrategie-Tore identifiziert, wo lange Ketten dieser Empfänger angebracht werden können, um die bestmögliche Information über die Bewegung zu sammeln. Das ist also der Grund, warum das Projekt an sich dort kreiert wurde.
Science Guide: Vorhin hast du auch Auffangstationen für Seehunde erwähnt. Wie genau arbeitet denn das Team von SeaMonitor?
Ross: Wir sind ein Zusammenschluss aus neun Partnern rund um die Welt. Die Loughs Agency als Leitung versucht, alles in einem monatlichen Treffen zusammenzubekommen. Jeder hat sein eigenes Paket Arbeit, auf das er oder sie sich konzentriert. Cork University beschäftigt sich mit der Erforschung von Seehunden, Queen University in Belfast leitet die Forschung von Riesenhaien und Rochen, Galway-Mayo Institute of Technology leitet die Überwachung der Wal-Arten. Und dann haben wir noch vier Partner – die Loughs Agency, das Agri-Food and Biosciences Institute in Nordirland, die Universität von Glasgow und das Ryan Institute in Galway, Irland, die sich auf Lachsforschung konzentrieren. Dann haben wir noch zwei assoziierte Partner, die University of California, Davis und das Ocean Tracking Network in Kanada, die uns Ratschläge geben und uns unterstützen.
Diese neun Partner zu organisieren, ist eine ganz schöne Herausforderung. Aber die Leidenschaft und die Hingabe sind da. Wegen Covid war es noch schwieriger, in all unseren Meetings nicht zusammenkommen zu können, um Sachen zu diskutieren. Aber die Exkursionen gehen weiter, und wir haben monatliche Treffen und Ad-hoc-Treffen. Im November letzten Jahres hatten wir eine Online-Konferenz, bei der wir die Projektpartner genau wie alle anderen Menschen des akademischen Kreises eingeladen haben, um Ergebnisse und weitere Pläne zu besprechen.
Es funktioniert also so gut, wie es geht. Wir bekommen den Job erledigt.
Science Guide: Wie sehen die Exkursionen aus?
Ross: Die Lachsforschung ist ein wichtiger Teil. Dabei müssen junge Lachse namens Smolts gefangen werden. Die sind nur 15 bis 20 Zentimeter lang, also nicht sehr groß. Sie müssen zu einer bestimmten Zeit des Jahres gefangen werden, weil Lachse eine wandernde Tierart sind, die in Süßwasser von Flüssen aufwachsen und zu einer bestimmten Zeit ihres Lebens dieses Gewässer verlassen, um im Meereswasser zu leben. Dazu reisen sie hunderte von Kilometern nördlich in die Ozeane rund um Island und den Nordatlantik, wo sie sich ernähren, bis sie erwachsen werden – bevor sie Jahre später zu den Flüssen zurückkehren, um sich zu vermehren. Wenn man also den Lachs zu einer bestimmten Zeit verpasst und sie nicht tagged, bevor sie weiterziehen, hat man sie verpasst, und es gibt keine Möglichkeit mehr, um sie zu taggen. Wir müssen also viel planen, planen, planen – und dann beeilen wir uns alle, um im Frühling zwischen März und Mai herauszukommen und sehr hart in den eigenen Flüssen zu arbeiten, damit die Lachse gefangen werden. Durch eine Operation werden ganz kleine Sensoren in den jungen Lachsen platziert. Das muss richtig gemacht werden, dazu brauchen wir die richtige Dokumentation, das richtige Training, all die Voraussetzungen, um korrekte Arbeit zu leisten. Bevor es dazu kommt, müssen sie in die Ozeane, um die Empfänger einzusetzen. Es sind also viele intensive Exkursionen. Die Wissenschaftler:innen leisten viel Arbeit. In diesem Umfeld zu arbeiten, ist nicht einfach. Dinge können schiefgehen – und das kann sehr teuer werden.
Science Guide: Ist denn jemals etwas schiefgegangen?
Ross: Abgesehen von Covid? Nein. Wir haben Glück gehabt. Also du mich vorhin dazu gefragt hast, warum wir diese Arbeit speziell in der Gegend machen: Ein anderer Grund ist, dass ein kleiner Teil des Ozeans drei politische Zuständigkeiten hat. Das ist in Europa nicht so untypisch. Es gibt Länder, die innerhalb des Meeres aneinander angrenzen. Aber in diesem Teil des Ozeans haben wir Irland und das Vereinigte Königreich. Aber innerhalb des Vereinigten Königreichs haben wir die aufgeteilten Regierungen von Nordirland und Schottland. Es gibt also drei verschiedene Zuständigkeiten, zwischen denen dieses Projekt operieren muss. Mit drei verschiedenen Umwelt-Abteilungen, drei verschiedenen Minister:innen, drei verschiedenen Regierungen, drei verschiedenen Lizenzen, für dich man sich anmelden muss, um die Ausrüstung einzusetzen. All das. Die Bürokratie ist also ziemlich aufwendig. Und das hat uns davon abgehalten, noch früher ins Wasser zu gehen. Weil wir all die Lizenzen und Erlaubnisse brauchten. Das war also etwas, wo wir dazugelernt haben: Man muss am Anfang viel Zeit dafür einplanen, bevor man die tatsächliche Arbeit starten kann.
Science Guide: Ihr befindet euch jetzt in der Mitte des Projekts. Die Hälfte liegt noch vor euch, die Hälfte ist geschafft.
Ross: Genau, wir haben jetzt die Hälfte geschafft. Allmählich bekommen wir signifikantere Daten über die Tierarten. Und das wird sich bis zum Ende des Projekts fortführen. Die Daten, die wir bisher bekommen haben, ist ermutigend, weil dadurch bewiesen wird, dass die Technologie funktioniert. Wie gesagt: Die Technologie gibt es schon länger, wurde bisher aber nur in Küstenregionen des Ozeans verwendet. Es gibt kaum Telemetrie-Projekte wie dieses in tiefergelegenen Tiefsee-Gegenden. Wir nutzen hier den größten Bereich Europas mit über 60 Kilometern Länge und 120 Einsatzflotten. Das gab es nie zuvor. Die Frage war also: Wird das überhaupt klappen? Wie effektiv wird das sein? Gerade finden wir also heraus, dass es funktioniert. Wir haben noch nicht alle Daten heruntergeladen, das wird im September oder Oktober geschehen. Aber die Daten, die wir bisher bekommen haben, haben viele interessante Fragen aufgeworfen und einige Hypothesen bestätigt.
Neulich haben wir zum ersten Mal in Europa junge Lachse tracken können. Wir hatten vier Ortungen an diesen Robot-Gliders, die im Ozean sind. An ihnen kann man auch Empfänger anbringen, und wenn ein Fisch in einer bestimmten Entfernung vorbei schwimmt, kann man das empfangen. So etwas gab es bisher noch nie in Europa. Es gab junge Lachse, die 400 bis 500 Kilometer entfernt getagged wurden und irgendwann im Meer verfolgt werden konnten. Und das hilft den Wissenschaftler:innen und den Entscheidungsträger:innen, mehr darüber zu lernen, wohin sich diese Fische im Meer bewegen – sodass sie künftig besser beschützt werden können.
Science Guide: Gehen wir davon aus, dass jemand durch Irland reist. Gibt es irgendeine Möglichkeit, um das Projekt zu besuchen oder die Auswirkungen zu sehen?
Ross: Ja, wir müssen uns zwar gerade an Covid-Restriktionen halten, aber wenn sich alles öffnet – noch vor Ende nächsten Jahres –, hoffen wir, dass wir eine Konferenz halten können, die die Ergebnisse darstellen wird und die Erfolge feiern wird. Und auch die Diskussion über die Zukunft und mögliche neue Projekte starten wird. Wir heißen Besucher:innen willkommen, wenn das möglich ist. Wir haben ein kleines Besucher:innen-Zentrum in Derry in Nordirland, und auch andere Partner in Irland und Schottland freuen sich über Besucher:innen. Wenn also irgendeine:r eurer Hörer:innen durchreisen, können sie uns über unsere Website kontaktieren.
Außerdem werden wir unsere Ergebnisse veröffentlichen und Videos erstellen, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Es gibt auch viele akademische Schriften, die veröffentlicht werden. Und wie gesagt: Zwei der Tierarten – der Lachs und die Rochen – bekommen bestimmte Management-Pläne, die anhand dieses Projekts geschrieben werden, um sie besser zu schützen. Es sollen also schon bald neue Regelungen in die Wege geleitet werden.
Science Guide: Abgesehen von politischen Regelungen: Wie können und sollten sich gewöhnliche Reisende verhalten, um maritime Lebewesen zu schützen?
Ross: Eine gute Frage! Inzwischen wird darauf ein größerer Fokus gelegt. Wegen Covid bleiben die Leute über die Ferien eher zuhause. Die letzten zwei Sommer gab es insbesondere in Irland mehr Leute als je zuvor, die die eigene Umgebung erkunden. Die Strände in Irland sind sehr schön.
Vor kurzem gab es wegen der Riesenhaie, die in die irischen Gewässer gelangen, große Diskussion darum, wie sich Menschen verhalten sollen. Die generelle Regel beim Verhalten mit wilden Tieren lautet: Lasst sie alleine. Behaltet eine sichere Distanz bei. Egal, ob es ein Walross ist, das zum ersten Mal vorbeischaut, oder ein Riesenhai oder ein Lachs – ganz egal, welche Tierart. Da ist dieses natürliche Verlangen im Menschen, mehr zu erfahren und zu sehen, was passiert. Manche Leute wollen Selfies machen und den Tieren nah kommen. Das sollte nicht passieren. Aus verschiedenen Gründen: Gefahr für sich selbst, Gefahr für das Tier vor allem – und diese unnatürliche Art einzugreifen, kann das Essverhalten und Verhalten generell stören. Sie könnten sich an Menschen gewöhnen und Nahrung erwarten, wenn Leute zum Beispiel Seehunde füttern, wie es manchmal passiert. Es gibt haufenweise Probleme, die passieren können, wenn man sie nicht in Ruhe lässt.
Das ist also der beste Ratschlag: Wenn ihr draußen auf dem Wasser seid, dann behaltet eine sichere Distanz. Füttert die Tiere nicht, wenn es sich zum Beispiel um einen Seehund handelt. Bewundert sie aus der Distanz heraus. Und seid respektvoll.
Science Guide: Klingt nach einem guten Ratschlag. Wie können sich Leute denn weiterhin darüber informieren, wie sie sich verhalten sollen oder wie sie mehr über wilde Lebewesen lernen können? Hast du irgendwelche Tipps?
Ross: Das kommt auf die Tierart an. Es gibt viele Informationen im Internet. Für die Tierarten, auf die wir uns konzentrieren: Es gibt die Irish Wale and Dolphin Group, über die man sich informieren kann. Sie haben Tipps auf Facebook und auf ihrer Website. Dann gibt es noch die Irish Basking Shark Group, die wir unterstützen, und bei denen einige unserer Wissenschaftler:innen Teil sind. Die haben Posts dazu getweeted, wie man sich bei Riesenhaien verhalten soll, wenn man surft oder auf einem Boot ist und einen Riesenhai sieht.
Es kommt also wirklich darauf an, auf welche Tierart du dich beziehst. Bei einem Seehund solltest du deine Hunde an der Leine lassen. Wenn du Tiere um sie herum hast: Geh nicht auf sie zu, jage sie nicht, lass deine Kinder sie nicht jagen, versuche nicht, sie zu füttern. Am einfachsten ist es, sich über Google zu informieren, indem man die bestimmten Tierarten sucht.
Science Guide: Vielen Dank, Ross, dass du uns so einen Einblick in deine Arbeit gewährt hast!
Ross: Vielen Dank, dass ich das sein durfte!
Science Guide: Wir sind gespannt und bleiben auf dem Laufenden mit dem Projekt. Viel Erfolg weiterhin mit deiner Forschung!
Ross: Dankeschön.