Champagner verbrennen auf Mallorca

Mallorca, Spanien

Party auf der Mittelmeerinsel Mallorca – sich betrinken, im klimatisierten Hotel sitzen und mit dem Bus zu den besten Bars fahren – und das bald alles klimafreundlich? Um eines der beliebtesten Reiseziele der Deutschen umweltfreundlich zu machen, setzen Forschende auf Wasser, Solarenergie und verbrannten Champagner. 

Foto: Ein sonniger Strand am türkisblauen Meer der Mittelmeerinsel Mallorca. Credits: Pixabay

Aus aller Welt pilgern die Touristen nach Mallorca. Am Flughafen kommen im zehn Minuten Takt Flieger an und bringen Schaaren saufwütiger Reisender auf die Partyinsel. Die mit Sonnenbrillen und Partyhüten ausgestatteten Touristen steigen grölend aus den Fliegern. In dem Moment, in dem sie Fuß auf den mallorquinischen Boden setzen, könnte ihr Urlaub bald klimafreundlicher sein: Der Bus, der sie zum Hotel fährt, das elektronische Türschloss ihres Hotelzimmers, vermutlich sogar die Heizung, die das Duschwasser wärmt. 

Was wie ein Traum klingt, will das Projekt „Greenhysland“ zur Realität machen. Das Projekt hat ein Volumen von knapp 24 Millionen Euro, 10 Millionen Euro davon sind Fördergelder der EU. Wenn der Plan funktioniert, soll es ein Vorbild sein, auch für andere Inseln in Europa. Traumhaft wäre die Idee vor allem für die Umwelt, denn Tourismus ist sehr energieintensiv. Laut einer Studie aus dem Fachmagazin Natur Climate Change ist er weltweit für mehr als acht Prozent des CO2 Ausstoßes verantwortlich. 

Die Idee des Projekts ist nachhaltigen, grünen Wasserstoff zu nutzen, um die Insel klimafreundlicher zu machen. Seine vielseitigen Einsatzmöglichkeiten als Treibstoff oder Erdgasersatz lassen ihn wie die perfekte Lösung für die Abkehr von fossilen Brennstoffen wirken. Doch es gibt Probleme mit dem neuen Brennstoff. Denn Wasserstoff wir wegen seines Preises oft auch als Champagner der Energieerzeugung bezeichnet. 

Von Wasser bis Champagner

Auf der Karte eines Mallorquinischen Lokals suchen die Touristen etwas zum Anstoßen. In der Rubrik „Prickelndes“ stehen verschiedene Getränke zur Auswahl: Sekt, Prosecco und Champagner. Für die einen mag der Sekt genügen, die anderen sind wohl zum Champagner hingezogen. Der Unterschied zwischen den Getränken liegt aber nicht nur im Preis, sondern auch in der Herstellungsart und dem Anbaugebiet. 

Ähnlich verhält es sich auch beim Erdgas und dem Wasserstoff. Beide Energieträger können zum Beispiel zum Heizen oder als Kraftstoff verwendet werden. Während Erdgas natürlich vorkommt und bei der Erdölförderung mit abgebaut wird, verhält es sich bei Wasserstoff anders. Dieser muss erst in einem besonders energieintensiven Prozess, der Elektrolyse, hergestellt werden. Das gelingt, indem Wasser zu Sauerstoff und Wasserstoff gespalten wird. Diese Spaltung benötigt Energie, die durch anderen Brennstoff, wie z.B. Fossilen Energieträgern, Atomkraft oder Solar- und Windenergie, bereitgestellt wird. Dieser Umweg macht seine Herstellung aufwendig, und durch ihn wird der Wasserstoff nicht immer umweltfreundlich.

Grün, Grün, Grün, sind alle meine Moleküle?

Derzeit sind knapp 0,03 Prozent des weltweit produzierten Wasserstoffs grün. Der Restliche Wasserstoff ist blau, pink, orange oder grau. Aber warum ist der Wasserstoff eigentlich „grün“? Die Einteilung des Wasserstoffes in verschiedene Farben ist eine Art ihn nach seiner Herstellungsart zu klassifizieren. So kann die Farbe Aufschluss darüber geben, wie nachhaltig der hergestellte Wasserstoff ist. Beispielsweise kommt bei grauem Wasserstoff Energie aus fossilen Brennstoffen zum Einsatz, er ist daher klimaschädlich. Auf Mallorca aber soll grüner Wasserstoff erzeugt werden. Diese Sorte wird mit erneuerbaren Energien wie Wind oder Solarkraft hergestellt und ist deshalb klimafreundlich. In der Realität ist die Trennung der Sorten meist nicht klar, denn sie werden häufig gemischt in das System gegeben. Grund dafür ist die derzeit noch sehr geringe Produktionsmenge von Wasserstoff.

Sommer, Sonne, Saufen, Solar

„Eigentlich macht es nur Sinn Wasserstoff dort herzustellen, wo genug grüne Energie ist. Das ist die einzige ökologische Art“, sagt Felix Zimmermann vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Er beschäftigt sich mit der Verteilung von Gütern und Ressourcen, seit knapp vier Jahren insbesondere mit Wasserstoff.

Das Greenhysland Projekt auf Mallorca will Wasserstoff durch die grüne Energie aus Solarparks auf der Insel herstellen. Die Solarenergie soll in einem Elektrolysekraftwerk zur Herstellung von Wasserstoff verwendet werden. Auf der Insel wurde bereits ein Elektrolysekraftwerk errichtet, das auch schon etwas Wasserstoff produziert haben soll, so die Projektwebsite. Anschließend soll der Wasserstoff als Gas gespeichert und transportiert werden, bevor er am Ende zum Heizen oder als Kraftstoff wieder verbrannt wird.

Problematisch ist, dass zwischen der Herstellung und der Verbrennung von Wasserstoff eine Lücke von 20-40 Prozent Energieverlusten klafft. Denn für seine Herstellung wir mehr Energie verwendet als durch seine Verbrennung gewonnen werden kann. Die überschüssige Energie geht verloren, weshalb die Herstellung von Wasserstoff nicht effizient ist. Wegen der geringen Energieeffizienz des Wasserstoffs, wird dieser oft als Champagner der Energieerzeugung bezeichnet. Denn einfacher und billiger wäre es, die Energie, die aus dem Wasserstoff erzeugt wird, direkt zu verbrauchen

Und was, wenn die Sonne nicht scheint?

Dennoch hat Wasserstoff den großen Vorteil, dass er umweltfreundlich ist, insbesondere wenn er mit Solar- oder Windenergie hergestellt wird. Felix Zimmermann betont den eigentlichen Nutzen von Wasserstoff: „Solarenergie wollen wir normalerweise direkt verbrauchen, da das effizienter ist – hat man aber einen Überschuss an Energie, ist es sinnvoller ihn in Wasserstoff umzuwandeln“.

Denn erneuerbare Energieformen sind nicht besonders beständig, beispielsweise dadurch, dass die Sonne im Sommer häufiger scheint als im Winter. Ist die Sonneneinstrahlung an einem Tag besonders intensiv, der Verbrauch aber geringer als die Energieproduktion, kann es sein, dass ein Überschuss an Energie entsteht. Bevor dieser Überschuss verloren geht, da er nicht gespeichert werden kann, kann man ihn in Wasserstoff umwandeln und so speichern. Der gespeicherte Wasserstoff kann dann in dunkleren Zeiten eingesetzt werden.

Das zeigt, dass der Wasserstoff allein nicht die Lösung sein kann. Eine perfekte Welt, in der Mallorca ausschließlich mit Wasserstoff betrieben wird, ist nicht möglich. Trotzdem kann die Idee einer emissionsärmeren Insel funktionieren. „Was wir brauchen, ist nachhaltiger Wasserstoff und den müssen wir in das bestehende System integrieren“, erklärt Zimmermann. Er betont, dass eine sinnvolle Einbettung in die bestehende Infrastruktur für ein funktionierendes Wasserstoff-Ökosystem zentral ist.

Im Einsatz für das Klima

Um den Wasserstoff in die bestehende Infrastruktur zu integrieren, gibt es verschiedene Lösungsansätze: Beispielsweise im Wärmebereich bietet sich ein großes Anwendungsfeld, besonders als Ersatz für Erdgas. Dazu müssen aber die Erdgasleitungen an die Nutzung beider Gase angepasst werden, denn diese lassen nur ein bestimmtes Maß an Mischung zu. Das Projekt Greenhysland läuft noch bis Ende 2025, bei seiner Fertigstellung sollen Hotelgebäude und der Hafen in Palma sowie Busse und ein Verwaltungsgebäude mit Wasserstoff versorgt werden. 

Champagnerförderung

Durch Förderprogramme und ein paar vielversprechende Vorhaben, kann der Einsatz von Wasserstoff funktionieren. Ein grundlegendes Problem gibt es aber in jedem Wasserstoffökosystem, oft auch als das Henne-Ei-Problem bezeichnet, geht es um Nachfrage und den Verbrauch. Denn wenn es niemanden gibt, der Wasserstoff verwenden kann, warum sollte man ihn denn herstellen? Und wenn ihn niemand herstellt, wer soll ihn dann verbrauchen?

Wann mit einer grünen Wasserstoffwirtschaft gerechnet werden kann, ist noch unklar. Zimmermann meint dazu: „Studien gehen davon aus, dass ab 2032/2035 Wasserstoff in ausreichenden Mengen zu wirtschaftlichem Preis vorhanden sein kann – dann gibt es keine Ausreden mehr“. 

Die europäische Union hat in den letzten Jahren viele Fördergelder für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft bewilligt. Ob die damit laufenden Förderprogramme klimafreundliche und lukrative Wasserstoffökosysteme erschaffen können, bleibt abzuwarten. So auch, ob mit Greenhysland die Insel Mallorca wirklich klimafreundlicher werden kann, und das zu einem annehmbaren Preis. 

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