Seit Ende 2018 sammelt ein französisches Seismometer auf dem Mars Daten zu Beben des Planeten. Sie geben Forschenden Einblicke ins Innere des Planeten.
Foto: InSight-Sonde fliegt auf den Mars zu. Credits: NASA/JPL-Caltech
„Touchdown confirmed!“ Nach seinem Start in Kalifornien und einem fast sieben-monatigen Flug durchs All durchbricht der „Lander“ am 26. November 2018 die dünne Atmosphäre des Mars. Mit einem Fallschirm und nach unten gerichteten Düsen wird er abgebremst und landet in „Elysium Planitia“, einer Region auf dem Mars. Mit an Bord sind etliche wissenschaftliche Messinstrumente, darunter ein Seismometer der französischen Raumfahrtbehörde CNES.
Während viele andere Mars-Missionen die Oberfläche des Roten Planeten ins Visier nehmen und dort etwa nach Wasser oder Spuren davon suchen, will die Nasa-Mission „InSight“ ins Innere des Planeten blicken. Der Projektname steht für „Interior Exploration using Seismic Investigations, Geodesy and Heat Transport“. Im Rahmes des Nasa-Discovery-Programms sollen Erkenntnisse über die Entstehung und Entwicklung des Mars und der erdähnlichen Planeten allgemein gesammelt werden.
Wie Forschende ins Innere des Mars horchen
Zentral für diese Mission ist ein in Frankreich gebautes Seismometer. Das ist seit Ende 2018 auf dem Mars zu Hause und sammelt Daten. Denn um ins Marsinnere zu blicken, nutzen die Forschenden des Projekts keineswegs Bohrer, Kameras oder dergleichen. Ihre „Einblicke“ sind etwas abstrakterer Natur. Sie analysieren Marsbeben, die vom französischen Seismometer „SEIS“, kurz für „Seismic Experiment for Interior Structure“, detektiert werden.
Dieses hochempfindliche Messgerät ist speziell für den Einsatz auf dem Mars konzipiert. Es registriert die bei Marsbeben entstehenden seismischen Wellen. „SEIS“ erkennt aber nicht nur Primärwellen, die direkt vom Beben kommen, sondern auch Echowellen. Sie entstehen, wenn die primären Wellen des Bebens Grenzschichten innerhalb des Planeten treffen und von diesen zurückgeworfen werden. Solche Grenzschichten gibt es immer dann, wenn ein Körper aus Schichten unterschiedlicher Materialen wie Kruste, Mantel und Kern besteht. An diesen Schichtgrenzen wird ein Teil der Wellen reflektiert und vom Seismometer registriert.
Das Seismometer „SEIS“ der französischen Raumfahrtbehörde CNES hilft entscheidend bei der Erforschung des Marsinneren. In diesem englischsprachigen Video erfahren Sie mehr über Aufbau und Funktionsweise des Seismometers. (C) CNES 2018
Echowellen zeichnen ein Bild der Marsanatomie
Aus den Wellen, die „SEIS“ empfängt, können Forschende Schlussfolgerungen über das Innere des Mars ziehen. Die Geophysikerin Dr. Brigitte Knapmeyer-Endrun erklärt, welche Bedeutung das französische Seismometer für das Projekt hat: „Durch die Ergebnisse von „SEIS“ können wir nicht nur auf die Tiefe der Schichten schließen, an deren Grenzen die seismischen Druckwellen reflektiert werden, sondern auch auf ihre Beschaffenheit.“ Knapmeyer-Endrun arbeitet an der Erdbebenstation Bensberg der Universität zu Köln und ist selbst am „InSight“-Projekt beteiligt: „SEIS kann auch Wellen aus tieferen Schichten des Mars messen und uns so einen Einblick bis hin zum Kern gewähren.“
Die Anatomie unseres erdähnlichen Nachbarn
Den neuesten Erkenntnissen zufolge besteht die Kruste aus zwei oder drei Schichten, die am Standort des Seismometers etwa 20 oder 40 Kilometer in die Tiefe reichen. Eine Krustendicke dieser Größenordnung entspräche ziemlich genau der der Erde. Unter Köln, dem Standort der Geophysikerin Knapmeyer-Endrun, ist die Erdkruste beispielsweise etwa 30 Kilometer dick. Allerdings hat der Mars nur einen Durchmesser von rund 6.800 Kilometern, während die Erde etwa 12.700 Kilometer im Durchmesser misst. Im Inneren des Mars folgen nach der Kruste noch der Mantel, der vermutlich bis in eine Tiefe von 1.560 Kilometer reicht, und ein geschmolzener Kern mit einem Radius von etwa 1.830 Kilometern.
„Frühere Daten haben uns bereits vermuten lassen, dass zumindest der äußere Teil des Kerns, vielleicht sogar der ganze Kern, flüssig ist. Ist das der Fall, wird ein Teil der bei einem Beben entstehenden Druckwellen an der Grenze zwischen Kern und Mantel fast vollständig reflektiert. Die Messungen mit „SEIS“ bestätigen diese Vermutung,“ erklärt Brigitte Knapmeyer-Endrun. Auch die Erde hat einen solchen flüssigen Kern. Der Kern des Mars unterscheidet sich aber dennoch von ihm, wie mit Hilfe des Seismometers deutlich gezeigt werden konnte: „Der Kern ist weniger dicht als gedacht, er enthält also auch leichtere Elemente. Daraus schließen wir, dass sich Erde und Mars in ihrer Zusammensetzung schon von Beginn an deutlich unterschieden.“
Der Mars hat kein schützendes Magnetfeld
„Auf der Erde gibt es ein Magnetfeld, das uns unter anderem vor Sonnenwinden schützt. Dieses Magnetfeld stammt zum größten Teil aus dem Erdkern, der aus einem festen inneren Kern und einem flüssigen äußeren Kern besteht“, so Knapmeyer-Endrun. Dieser Aufbau des Erdkerns sei entscheidend für die Erzeugung des Magnetfeldes. Bisher deuten die Forschungsergebnisse darauf hin, dass es ein solch schützendes Magnetfeld auf dem Mars derzeit nicht existiert.
Das muss aber nicht immer so gewesen sein. „In der Marskruste finden wir magnetisiertes Gestein, das auf ein früheres Magnetfeld des Planeten hinweist“, erläutert die Geophysikerin: „Unsere Ergebnisse über die innere Struktur des Mars könnten helfen, die Entwicklungsgeschichte des Mars genauer nachzuvollziehen und damit die Entstehung des Planeten ebenso wie die Bildung und das Verschwinden des Magnetfeldes zu erklären.“ Das langfristig erklärte Ziel der Mission: Über den Blick in den Mars Gemeinsamkeiten und Unterschiede der erdähnlichen Planeten finden. Dazu zählen neben Erde und Mars auch Merkur und Venus.
SEIS wird bleiben
Um so zu klären, wie einzigartig die Entwicklung der Erde zu einem bewohnbaren Planeten ist, wird „SEIS“ auf dem Mars weiter Daten sammeln. Die ursprünglich bis 2020 geplante Mission InSight wurde inzwischen um zwei Jahre verlängert. Aber auch, wenn die Mission einmal ein Ende findet, wird sich das Seismometer wohl für immer damit abfinden müssen, dass seine neue Heimat nicht mehr Frankreich, sondern „Elysium Planitia“ heißt.