Auf der ganzen Welt wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrem Forschungsgebiet Großes erreichen. Aber mitunter rauben ihnen politische oder humanitäre Krisen diese Möglichkeit. Wir haben mit drei Forschenden aus der Türkei und Kamerun über ihre Flucht und ihren Neustart in Deutschland gesprochen.
Foto: Die Welt ist groß und vielfältig – genau wie die Wissenschaft. Credits: Unsplash/Chuttersnap
Allein beim „Scholars at Risk Network“ bewarben sich im Jahr 2019 insgesamt 581 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, um mit dessen Hilfe aus ihrer Heimat zu fliehen. Die meisten davon aus Syrien und der Türkei. Das internationale Netzwerk hat sich nach eigenen Angaben der Aufgabe verschrieben, Forschende zu schützen und die akademische Freiheit zu fördern. Aber was bedeutet es für die wissenschaftliche Karriere und Arbeit, die Heimat zu verlassen und woanders ganz neu anzufangen? Unsere Autorin hat dazu Interviews mit drei Forschenden geführt, die ihre Heimat verlassen mussten.
Interviews mit drei Geflüchteten
„Bei der Sprache könnte es mehr Toleranz geben“
In der Türkei hat Dr. Turan promoviert, bis er nach dem Putschversuch nach Deutschland floh. Heute ist er Stipendiat der Philipp Schwartz-Initiative, die gefährdete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützt. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie es ist, in einem anderen Forschungsland neu anzufangen.
Zum Interview mit Dr. Turan
„Es gibt immer Leute, die mich belehren wollen“
Dr. Inal-Cekic arbeitete als Gastwissenschaftlerin in Deutschland, als der Putschversuch die Türkei veränderte. Weil sie eine regierungskritische Petition unterschrieben hatte, fürchtete sie Probleme bei einer Rückkehr – und blieb. Mit uns sprach die Stadtplanerin darüber, wie schwierig es ist, ihr Heimatland aus dem Exil zu beforschen.
Zum Interview mit Dr. Inal-Cekic
„Für gute Wissenschaft müssen Menschen sicher leben.“
Als in Kamerun 2017 der Konflikt zwischen Separatisten und Regierung eskalierte, floh Dr. Tingum* nach Deutschland. Mittlerweile leitet der Geograf ein Forschungsprojekt an einer deutschen Universität. Im Interview berichtet er von kulturellen Unterschieden im Wissenschaftssystem und wie es ihm damit geht, für seine Arbeit regelmäßig in seine Heimat zurückzukehren.
Zum Interview mit Dr. Tingum
In Deutschland haben unsere Gesprächspartner:innen Unterstützung von verschiedenen Organisationen und Initiativen bekommen. Teilweise unterstützen sie gezielt gefährdete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, teils fördern sie Wissenschaft ganz allgemein. Wir stellen sie kurz vor.
Stipendium der Philip Schwartz-Initiative
Die Philipp Schwartz-Initiative wurde 2015 gegründet und hilft Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die in ihrem Heimatland bedroht oder verfolgt werden, ihre Arbeit in Deutschland fortzuführen. Dafür zahlt die Initiative Geld an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die davon ein Vollstipendium an betroffene Wissenschaftler:innen vergeben.
Einstein Research Fellow der Einstein Stiftung
Die Einstein Stiftung wurde 2009 vom Land Berlin gegründet, um Spitzenforschung zu fördern und Berlin langfristig für die Wissenschaftscommunity interessant zu machen. Als „Einstein Research Fellow“ haben Professor:innen die Möglichkeit, für bis zu zwei Jahre außerhalb der Uni zu forschen. In dieser Zeit können sie von ihren universitären Verpflichtungen befreit werden. Die Forschungseinrichtungen müssen in Berlin angesiedelt sein oder eng mit einer Berliner Forschungseinrichtung kooperieren.
Stipendium der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Die Rosa Luxemburg Stiftung ist eine Stiftung, die der Partei Die Linke nahe steht. Sie versteht sich selbst als Institution politischer Bildung, als Diskussionsforum und Forschungsstätte. Studierende und Promovierende können sich immer wieder um Stipendien bewerben. Zu besonderen Ereignissen vergibt die Stiftung auch Stipendien an Wissenschaftler:innen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten.
Projektförderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ist in Deutschland dafür verantwortlich, Fördergelder für die Forschung zu verteilen. Dabei gibt es zwei große Förderlinien: Im Rahmen der Einzelförderung können sich Wissenschaftler:innen einzeln zum Beispiel um ein Stipendium oder die Teilnahme an einer Forschungsakademie bewerben. Für die Verbundprojekte bewirbt sich eine Gruppe von Personen oder Institutionen gemeinsam.