Wer an einen Besuch im Museum denkt, hat vielleicht ein Bild von verstaubten Ausstellungsstücken und großen Infotafeln vor Augen. Viele Museen verfolgen inzwischen modernere Ansätze. Einen ganz besonderen hat das Naturalis Biodiversity Center in Leiden in den Niederlanden: Hier kann man unter anderem Forschenden live bei der Arbeit zusehen und dabei Fragen stellen.
Foto: Im Naturalis Biodiversity Center kann man Wissenschaftlern bei der Arbeit zusehen. Credit: Koen Mol/Naturalis
Der Anspruch: „Wir bringen jeden dazu, sich in die Natur zu verlieben“. Natürlich gibt es auch im Naturalis Ausstellungsräume. Jeder zeigt anderen Blickwinkel auf das Leben und die Natur. Dazu zählen zum Beispiel Fortpflanzung, Artenvielfalt und der Tod. Amy van Nobelen ist Referentin für Wissenschaftskommunikation im Naturalis. Sie erklärt: „Wir hoffen, so Verantwortungsbewusstsein schaffen zu können. Dafür, dass unser Lebensraum verloren geht, wenn wir uns nicht kümmern“. Gleichzeitig solle aber dennoch Hoffnung vermittelt werden. „Wir geben Orientierungshilfen und wollen den Grundstein für einen positiven Umgang mit der Natur legen“, so Amy.
Der Science Guide nimmt euch mit auf einen kleinen Rundgang (Video auf Englisch):
Blutiger Live-Stream aus dem Museum
Knapp 45 Meter misst die Deckenhöhe der Eingangshalle im Naturalis Biodiversity Center. Zufall? Nein, erklärt Amy von Nobelen: „Die größten Dinosaurierskelette sind knapp 42 Meter hoch. Das ist echt wahnsinnig groß und würde hier gerade noch so reinpassen, wenn wir denn eins finden“. Noch vor der Kasse befindet sich schon der erste Ausstellungsraum. Der Besuch in dieser Live Science Galerie ist kostenlos. Dort geht es weniger um die Ausstellungsstücke an sich, sondern um die Menschen, die im Naturalis Biodiversity Center arbeiten. Gäste können Forschenden und Sammlungsleiterinnen und -leiter treffen, ihnen bei der Arbeit zuschauen und jede Menge Fragen stellen.
Das Erste, was in dem lichtdurchfluteten Raum direkt ins Auge fällt, ist die kleine Zuschauertribüne in Form eines Skeletts. Davor ein Tisch, bedeckt mit einem roten Samttuch. „Von diesem Platz aus streamen wir live. Von zu Hause aus kann man dann unsere Forschenden bei Tierpräparationen beobachten“. Obwohl so eine blutige Angelegenheit eher nicht nach einer Attraktion für Kinder klingt, seien es doch vor allem die kleinen Zuschauenden, die wenig Berührungsängste zeigen, ordnet die Referentin ein. „Meist sind die Eltern erst etwas zögerlich. Aber solange wir es als natürlich darstellen, empfinden die Kinder es ebenso als normal. Dann entspannen sich die Eltern schnell wieder“, schildert sie weiter. An diesem gebe es zusätzlich regelmäßige Natursprechstunden: Forschende verschiedenster Fachbereiche laden die Besucherinnen und Besucher dazu ein, all ihre Fragen rund um die Natur zu stellen.
Ist das alles echt?
Herzstück der Live Science Galerie ist das integrierte Dinosaurier-Labor, kurz Dino Lab. Hier präparieren Forschende gemeinsam mit Freiwilligen Knochen und beantworten Fragen der vorbeikommenden Gäste. „Unsere Besucher fragen häufig ‚Ist das was ihr hier macht echt? Nein, oder?‘ Was wir dann antworten, ist, dass das tatsächlich das einzige Labor ist, in dem wir arbeiten. Es gibt keinen Bereich hinter den Kulissen. Unsere Arbeit mit echten Knochen ist genau das, was wir zeigen wollen. Wir wollen richtige wissenschaftliche Arbeit zeigen“, erklärt Martijn Guliker, paläontologischer Präparator im Dino Lab. Eines der spannendsten Dinge für Gäste sei es, einen präparierten Teil der Skelette in die Hand zu nehmen. Erst dann bekomme man eine echte Vorstellung, beispielsweise davon, wie schwer so ein Knochen tatsächlich ist.
Hier seht ihr, wie Martijn Guliker und sein Team an Dino-Knochen arbeiten (Video auf Englisch):
Auch wenn die wissenschaftliche Arbeit in diesem offenen Labor länger dauert, bietet das Museum einen attraktiven Arbeitsplatz für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. „Ich wusste, wenn ich irgendwo in den Niederlanden die Chance haben könnte, einen Dinosaurierknochen in die Hand zu bekommen, dann wird es hier sein. Und was soll ich sagen? Ich hatte Recht“, berichtet Dinosaurier-Fan Martijn. Viele Alternativen gebe es dafür im Umkreis nicht.
Den Austausch mit den Gästen findet der Forscher besonders wichtig. Die Vielfalt an Fragen überrasche ihn dann aber doch manchmal. Hatten Dinosaurier Kniescheiben? Gab es auch pinke Dinos? Und wie kommen die Knochen eigentlich heil im Museum an? Auf all diese Fragen und noch viele mehr bekommen Interessierte im Naturalis Biodiversity Center Antworten.
Mehr über das Naturalis Biodiversity Center: https://www.naturalis.nl/en