Weltweit werden nur 14 Prozent aller Kunststoffe wiederverwertet. Denn viele Plastikverpackungen können bislang gar nicht recycelt werden. Forschende aus Spanien haben eine Idee, wie man dieses Problem im wahrsten Sinne des Wortes lösen kann.
Foto: Viele Lebensmittel gibt es nur mit Plastikhülle. Credit: photosforyou/Pixabay
Steht man vor einem Kühlregal im Supermarkt, sieht man vor allem einen Stoff: Plastik. Ob Käse oder Wurst, vegane Produkte oder rohes Fleisch – Verpackungen aus Kunststoff bewahren die Lebensmittel vor dem Verderben. Dafür müssen die Behälter unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Die Schale, in der zum Beispiel Fleisch liegt, muss stabil sein. Die Unterlage am Boden der Schale muss saugfähig sein, um die Feuchtigkeit aufzufangen, und die Folie obendrauf muss die Schale dicht verschließen und den Inhalt vor Keimen schützen. Jede dieser Eigenschaften erfordert eine eigene Sorte Kunststoff. Für eine solche Verpackung werden ungefähr fünf unterschiedliche Kunststoffe und mehr als acht verschiedene Schichten verwendet (siehe Infografik „So funktioniert eine Lebensmittelverpackung“). Wie viele genau, unterscheidet sich von Produkt zu Produkt, erklärt Gary Ellis vom Institute of Polymerscience and Technology in Madrid: „Es gibt viele unterschiedliche Designs, die je nach Hersteller und Fleischprodukt variieren.“
Das Recyclingproblem mit Kunststoffen
Diese ausgeklügelten Designs halten zwar den Inhalt frisch, sind aber wegen ihrer verschiedenen Schichten ein Problem für die Umwelt. Es ist nämlich mechanisch nicht möglich, den bisher verwendeten Kleber zwischen den einzelnen Kunststofflagen zu lösen, um die Schichten einzeln recyclen zu können. Das ist ein wesentlicher Grund, weshalb nur 14 Prozent aller Kunststoffverpackungen wiederverwertet werden können.
Gary Ellis und seine Forschungsgruppe wollen das ändern. Die Forschenden vom Consejo Superior des Investigaciones Científicas, der größten öffentlichen Forschungseinrichtung in Spanien, entwickeln einen neuen Kleber für Plastikverpackungen, mit dem sich die einzelnen Kunststoffschichten leichter trennen lassen. Das soll dabei helfen, dass mehr Plastik recycelt wird.
Denn bisher ist die Wiederverwertung von Kunststoffen eine mühsame Angelegenheit. „Alle mehrschichtigen Kunststoffe sind schwer voneinander zu trennen“, erläutert Ellis. „Die Schichttrennung erfordert normalerweise giftige Lösungsmittel sowie Hitze oder viel Zeit, um eine oder mehrere Kunststoffkomponenten oder den Klebstoff aufzulösen. Oft gehen dabei Komponenten verloren oder werden abgebaut.“
Ein nachhaltiger Kleber
Die Forschungsgruppe entwickelt deswegen einen anderen, nachhaltigen Kleber aus einem Kunststoff namens Polyurethan. In die Polyurethan-Moleküle werden winzige Molekül-Brücken eingebaut, die bei einer Temperatur von ungefähr 120 Grad Celsius auseinanderbrechen. Allerdings ist dies nur ein Richtwert, der je nach verwendetem Kunststoff variiert. Durch die Wärme verliert der Klebstoff seine Molekül-Vernetzung, sodass sich die einzelnen Kunststoffschichten leichter voneinander lösen lassen. Um den Vorgang zu beschleunigen werden Nanopartikel zum modifizierten Polyurethan hinzugefügt. Diese Partikel dienen als Wärmeleiter. Sobald das Molekül erhitzt wird, heizen sich die Nanopartikel auf und sorgen dafür, dass die einzelnen Abschnitte schneller aufbrechen.
„Unsere Idee ist es, die Polyurethan-Klebstoffe so zu modifizieren, dass sie diese Aufgabe zwar immer noch effektiv erfüllen, aber ihre Klebeeigenschaften gezielt abgeschwächt werden können“, sagt Ellis. So ließen sich auch mehrschichtige Folien besser auftrennen und fürs Recycling zurückgewinnen. Womöglich könne man sogar den Kleber selbst auf diese Weise wiederverwerten, was die Nachhaltigkeit verbessere.
Ein Projekt für besseres Recycling
Noch ist der Kleber aber nicht marktreif. Derzeit arbeiten die spanischen Forscher im EU-Projekt MANDALA mit Partnern aus dem Lebensmittelsektor an Testanlagen, um zu prüfen, wie man ihre Erfindung in der Industrie einsetzen kann. Ein weiteres Feld haben sie bereits im Blick: die Pharma- und Kosmetikbranche. Denn auch dort gibt es viele ausgetüftelte Verpackungen, zum Beispiel Blister für Tabletten, die bislang nicht recycelt werden können und einfach im Müll landen.