Die Corona-Pandemie belastet viele Menschen – körperlich und psychisch. Im Gespräch mit Diplom-Psychologyin Dr. Donya Gilan widmet sich unsere Autorin der aktuellen psychischen Verfassung unserer Gesellschaft und der Frage, welche Rolle Akzeptanz, Reflexion und positives Denken beim Umgang mit diesem Stress spielen können.
Foto: In der Pandemie verbringen die Menschen viel Zeit mit sich allein. Credits: Unsplash/Kev Costello
Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus setzen viele Menschen unter Stress: Angst um die eigene Gesundheit oder um die naher Menschen und neue Entwicklungen von Tag zu Tag sorgen für Unsicherheit. Außerdem steht das öffentliche Leben steht in vielen Bereichen immer wieder still und bedroht so auch wirtschaftlich Existenzen. Das macht etwas mit uns – und mit unserer Psyche.
Deshalb spricht unsere Autorin mit Dr. Donya Gilan. Sie ist Diplom-Psychologin am Leibniz-Institut für Resilienzforschung in Mainz und leitet dort den Forschungsbereich „Resilienz und Gesellschaft“. Aktuell arbeitet sie zu Resilienz und psychischer Gesundheit während der der aktuellen Covid-19-Pandemie. Wir fragen sie deshalb, wie es um die psychische Verfassung unserer Gesellschaft in dieser Krise steht und lassen und erklären, was der Satz „it‘s all in your mind“ damit zu tun hat.
Wichtige Begriffe im Podcast
Resilienz – Resilienz ist ein dynamischer Prozess, sich Stress zu widersetzen und so unversehrt, ohne Schäden aus der Situation heraus zu kommen.
Kognitive Dissonanz – Ein Spannungszustand, der dann entsteht, wenn sich Überzeugung, Werten, Gefühlen, Entscheidungen, Handlungen oder Informationen scheinbar nicht vereinbaren lassen. Dabei stehen sich zwei Kognitionen gegenüber.
Locus of Control – Ein Modell, welches beschreibt ob ein Individuum das Auftreten eines Ereignisses als kontrollierbar einstuft oder den Ort der Kontrolle in der Außenwelt sieht.
Coping– Coping beschreibt eine Strategie, sich in fordernden Situationen nicht ausgeliefert zu fühlen, sondern durch individuelle Strategien, sich einen positiven Handlungsspielraum zu erschaffen.
Long story short: Darum geht es im Podcast
Unser Podcast dauert 29 Minuten. Wer nicht so viel Zeit hat, kann die wichtigsten Punkte hier nachlesen:
Resilienz hilft dabei, Stress unversehrt zu bewältigen. Es handelt sich dabei um einen dynamischen Prozess, der sich in der Auseinandersetzung mit der Stressquelle entwickelt. Resilienz wird oft mithilfe von Selbstfragebögen eingeschätzt. Bei diesen Fragen steht die Frage im Zentrum, wie lange es dauert, sich nach einer stressreichen Situation zu erholen.
Die Corona-Pandemie und ihre Folgen für unseren Alltag stellen eine enorme Stressquelle dar. Nach aktuellen Forschungsergebnissen sind einige Gruppen besonders davon betroffen: junge Erwachsene, Frauen, Personen mit einem geringem Einkommen, Menschen ohne Arbeit und Person, die körperlich inaktiv sind. Diese Gruppen haben ein verstärktes Risiko, psychisch zu erkranken. Das Risiko dafür ist allerdings immer individuell, da die Resilienz durch sogenannte Coping-Mechanismen gestärkt werden kann.
Welche Bewältigungsstrategien beim Umgang mit der Pandemie besonders hilfreich sind, kann noch nicht abschließend gesagt werden. Aber zum Beispiel positive Glaubenssätze oder eine positive Grundeinstellung können helfen, mit der Situation klar zu kommen und sich nicht ausgeliefert zu fühlen. Eine positive Herangehensweise ist es, zu akzeptieren, dass man manche Dinge während der Pandemie nicht verändern kann. Aber da, wo es möglich ist, sollte man versuchen, sein Leben aktiv gestalten. Dabei können Rituale, ein fester Tagesablauf und ein Medienkonsum in Maßen helfen.
Insgesamt ist es wichtig sich selbst zu reflektieren und bewusst mit den eigenen Emotionen umzugehen: Was läuft gut, was schlecht? Und wo brauche ich vielleicht Hilfe? Dann ist es vielleicht auch möglich, Unsicherheiten und Uneindeutigkeiten als Chance zu sehen und die Zeit als Möglichkeit zur Veränderung und Neustrukturierung wahrzunehmen. Dieser Lernprozess passiert nicht nur auf individueller Ebene, sondern als gesamtgesellschaftlicher Lernprozess.